Urbane Natur.

 

Klimawandel, überhitzte Städte, Dürre, Überschwemmungen nach Starkregen: Um die drängenden ökologischen Herausforderungen in Zukunft besser zu meistern, müssen unsere Städte grüner werden, und das betrifft auch die Immobilien. Betonwüste war gestern, pflanzliche Vielfalt ist morgen! Begrünte Dächer und Fassaden, Urban Gardening und Urban Farming sind Konzepte, die in immer mehr Städten erfolgreich verfolgt werden.

 

Ökologisch obenauf.

 

Wer in den dicht besiedelten Städten zu Boden schaut, wird nur noch wenige Flächen finden, auf denen Grün gepflanzt werden könnte. Deshalb lohnt es sich, den Blick nach oben zu richten – auf die Dächer. Und genau das geschieht in vielen Städten: Sowohl Flachdächer als auch Schrägdächer mit einer Neigung von bis zu 30° eignen sich für eine Begrünung.

 

Grüne Dächer sind gut für das Klima vor Ort, denn die Pflanzen kühlen die Luft ab und feuchten sie an. Sie filtern die Luft, indem sie CO2, Staub, Feinstaub und andere Schadstoffe binden. Je nach Bauweise halten sie außerdem zwischen 50 Prozent und 90 Prozent der Niederschläge zurück. Ein großer Teil davon verdunstet, der Rest fließt nach und nach ab. Das entlastet insbesondere bei Starkregen die Kanalisation und verringert die Gefahr von Überschwemmungen. Grüne Dächer sind deshalb auch ein zentrales Element in Schwammstadt-Konzepten. Im Zusammenspiel mit Photovoltaik-Anlagen ergeben sich weitere Vorteile: Durch die reduzierte Umgebungstemperatur erhöht sich der Wirkungsgrad der Solarzellen. Auch das Gebäude selbst profitiert: Die Bepflanzung wirkt im Sommer wie eine Klimaanlage und im Winter wie eine zusätzliche Wärmeisolierung, sie trägt zur Schalldämmung im Gebäudeinneren bei und nicht zuletzt schont sie die Dachabdichtung. Kein Wunder, dass laut dem BuGG Bundesverband GebäudeGrün e.V. von den 192 deutschen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern 42 Prozent eine Dachbegrünung finanziell fördern, sogar 83 Prozent haben sie in Bebauungsplänen festgelegt – bei der ebenfalls ökologisch wertvollen Fassadenbegrünung sind es 34 Prozent respektive 55 Prozent.

 

Die Art der Begrünung reicht von sich selbst erhaltenden Extensivbegrünungen mit Moos, Sedum, Gräsern oder Kräutern bis zu Intensivbegrünungen mit Gräsern, Stauden und Gehölzen, die deutlich mehr CO2 binden und auch sonst ökologisch wertvoller sind. Solche begehbaren Gärten benötigen dauerhafte Pflege, schaffen dafür aber auch Lebensräume und Nahrung für Insekten und Vögel und sie bieten willkommene Erholungsoasen für gestresste Städter.

 

Essbares vom Dach.

 

Doch Pflanzen können bekanntlich noch einiges mehr – zum Beispiel auch Nahrung für Menschen liefern. Urban Gardening und Urban Farming holen die Nahrungsmittelproduktion in die Stadt zurück. Immer mehr solcher urbanen Gärten oder Farmen finden auch auf Dächern ihren Platz. Durch den Nahrungsmittelanbau vor Ort sollen nicht zuletzt auch Umweltbelastungen durch Lebensmitteltransporte verringert werden. Während manches Urban-Gardening-Projekt bei realistischer Betrachtung eher symbolischen Charakter hat und die Nahrungsmittelversorgung als eine Art Schrebergarten 2.0 ergänzt, geht Urban Farming einen Schritt weiter. Hier ist die Idee, Nahrungsmittel in der Stadt in einer ähnlichen Größenordnung wie auf dem Land zu produzieren, dabei aber weniger Land, weniger Wasser und auch weniger Dünger und Pestizide zu verbrauchen. Viele „Best Practices“ lassen sich in Paris bewundern und beschnuppern. Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat sich nicht nur eine Verkehrswende auf die Fahne geschrieben: Sie hat auch ein großes Programm zur Begrünung der Dächer aufgelegt. Städtische Gebäude gehen mit gutem Beispiel voran, für private Immobilienbesitzerinnen und Immobilienbesitzer gibt es Förderungen und Gestaltungswettbewerbe wie „Parisculteurs“. Auf dem Dach des Pariser Messekomplexes Expo Porte de Versailles hat das Unternehmen Agripolis die weltweit größte urbane Farm errichtet: Auf 14.000 qm wachsen Pflanzen, Obst und Gemüse.

 

In Sachen Urban Farming nimmt auch Singapur eine Vorreiterrolle ein: Der dicht besiedelte Stadtstaat ist bislang zu einem großen Teil auf Nahrungsmittelimporte angewiesen. Bis 2030 will man sich aber zu 30 Prozent selbst versorgen – „30 by 30“ lautet das Schlagwort. Auf Dächern von Hochhäusern baut man in vertikal angelegten „Himmelsfarmen“ Nutzpflanzen in großem Stil an – ausgeklügelte Versorgungssysteme stellen eine gute Ernte sicher. Zudem werden leer stehende Gewerbegebäude zu mehrgeschossigen vertikalen Farmen umgewandelt.

 

Es gibt viele Arten, Grün in unsere Städte zu bringen – sie alle sind auf ihre Weise gut für das Klima, die Natur und die Lebensqualität der Menschen.